Geschichte: die Taube Ella und das große Missverständnis

Die Taube Ella und das große Missverständnis

von Betina Graf

Geschichte: die Taube Ella und das große Missverständnis

Die Erzählung „Die Taube Ella und das große Missverständnis“ ist eine Geschichte, die sich in ähnlicher Art tatsächlich ereignet hat. Auf dieser Seite sehen Sie echte Bilder bzw. Sequenzen von der Taube und den zwei Eiern und später den Küken. Aber Psst, noch nichts verraten!


Die Geschichte von der Taube Ella und dem großen Missverständnis

Angefangen hat alles mit ein paar kleinen Hölzchen. Auf dem Balkon der Familie Meredith gibt es einen Tisch, der gerade mal so groß ist, dass Essen für eine Person Platz hat. Darunter liegt ein Fußabstreifer. Mama sah die Stäbchen zuerst. Sie dachte, ihre Tochter Amelie hätte mit den Holzstöckchen gespielt und diese auf dem Fußabstreifer deponiert. Amelie hingegen dachte, Mama hätte die Stöckchen dort gesammelt, um sie später in den Kompost zu bringen. Das war das erste – kleine – Missverständnis. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

Taube mit zwei Katzen

Für die Taube war es ein Glück, dass es draußen so kalt war, dass Amelies zwei Katzen – Tinky und Tony – nicht auf den Balkon durften. Überhaupt blieben die beiden Wohnungskatzen auch von sich aus lieber im Warmen. Sie mochten weder Schnee noch Regen. Jetzt, im angehenden Frühling, gab es erst einmal hauptsächlich Regen.

Am frühen Morgen des 10.3. saß plötzlich eine Taube in einem Eck des Fußabstreifers. Dieses Mal sahen Tinky und Tony sie zuerst. Sie blickten vom Fenster der Balkontür interessiert nach draußen.

Amelie kam hinzu, dann Mama. Alle schauten überrascht zu der Taube. Was war mit der Taube los? „Vielleicht ist sie krank?“, vermutete Mama. „Was sollen wir nur tun?“, fragte Amelie besorgt. Als die Taube am Abend immer noch am selben Platz war, kam Mama zu dem Schluss, dass die Taube wohl krank sei und nicht mehr fliegen könne. Weshalb sollte sie sonst nahezu unbeweglich in diesem Eck ausharren? „Eigentlich sieht sie gar nicht so krank aus“, meinte Amelie. „Sie hat ganz wache Augen.“

Kurzentschlossen ging Amelie in die Küche. Dort holte sie zwei Futternäpfe aus dem Schrank und füllte Brotstückchen in die eine Schale und verschiedene Körner in die andere. Soll die Taube es doch gut haben, während sie krank ist, dachte sie bei sich. Dann sperrte Mama die Katzen aus dem Wohnzimmer aus, denn von dort aus ging die Türe zum Balkon raus. Amelie nahm die zwei gefüllten Schüsseln, öffnete die Balkontür und trat ganz nah an die Taube heran, um die Futternäpfe direkt vor die Taube zu legen.

Doch da passierte es: Die Taube bekam es mit der Angst und flog weg. Die Taube konnte fliegen! Zurück blieb: ein Ei auf dem Fußabstreifer. Verwundert und erfreut zugleich, lachten Amelie und Mama. Die Taube war gar nicht krank! Im Gegenteil, sie war putzmunter und hatte ein Ei gelegt. Die Holzstöckchen waren ein Nest! Niemals hätte Mama die wenigen, zusammengewürfelten Stöckchen als Nest erkannt. Was für ein großes Missverständnis!

Leider hatte die Taube jetzt so viel Angst, dass sie nicht vor Amelies Zubettgehen wiederkam. Amelie war ganz traurig, weil das Ei jetzt so allein und verlassen auf dem Fußabstreifer lag. Sie fühlte sich schuldig, aber sie hatte es doch nur gut gemeint!

Am nächsten Morgen wachte Amelie eine Stunde früher auf als sonst. Mama musste sie gar nicht wecken. Ihr erster Gang war zum Wohnzimmer. Rasch warf sie einen Blick durch die Balkontür.

Geschichte: die Taube Ella ist wieder da

„Die Taube ist wieder zurück! Mama, sie ist wieder da!“, jubelte Amelie. „Jetzt müssen wir ihr einen Namen geben.“ „Ich weiß nicht, ob es eine so gute Idee ist, die Taube das Ei ausbrüten zu lassen. Es gibt schon so viele Tauben hier in der Stadt, und ich glaube, sie sind nicht so gern gesehen.“ Mama versuchte, Amelies Freude etwas zu bremsen. „Und ich weiß nicht, ob die Kälte in der Nacht dem Ei nicht zu sehr zugesetzt hat.“

„Oh bitte, Mama! Ich möchte so gerne die Baby-Taube sehen, wenn sie geschlüpft ist.“, bettelte Amelie. Mama äußerte weitere Bedenken: „Tinky und Tony können jetzt gar nicht raus. Bis ein Taubenei geschlüpft ist, dauert es fast drei Wochen. Und danach können die Katzen auch nicht auf den Balkon.“ Amelie wurde still. Sie wusste, dass es für die Wohnungskatzen eine schöne Abwechslung ist, sich auf dem Balkon aufzuhalten. Sie waren so gerne draußen auf dem Kratzbaum. Doch ihre Vorfreude auf ein echtes Taubenküken überwog. „Bitte, wir nennen die Taube Ella.“

Geschichte von der Taube Ella, hier mit zwei Eiern

Während sie so diskutierten, fand draußen ein Brutwechsel statt. Mama Taube wechselt sich nämlich mit Papa Taube mit dem Brüten ab. Und da sahen sie die Überraschung: Die Taube Ella hatte noch ein Ei gelegt! Amelie strahlte.

Mamas Herz wurde weich, als sie Amelies große Freude sah. Insgeheim hatte sie die Hoffnung, dass das erste der zwei Eier erfroren sein könnte. Aber auch sie wurde langsam neugierig darauf, wie es wohl wäre, kleine Taubenküken beobachten zu können. Dennoch taten ihr die Katzen leid. Deshalb wandte sie sich an ihre Tochter: „Amelie, ich bin einverstanden, dieses eine Mal. Danach befestigen wir ein höheres Netz, damit die Tauben nicht mehr auf unseren Balkon fliegen können.“ Amelie verstand, dass das Mamas letztes Wort war. „Danke, danke, Mama!“ Überschwänglich umarmte Amelie ihre Mutter. Einmal würde sie es nun erleben, wie ein Tauben-Pärchen ein oder vielleicht sogar zwei Küken aufzog.


Zur Prävention

Es passiert öfter, dass man Taubennester auf Balkonen oder in Dachböden findet. In der EU sind alle wilden Tauben ebenso wie die Stadttauben durch spezielle Vogelschutzrichtlinien geschützt. Zudem schützt das deutsche Tierschutzgesetz alle Tiere. Diese Gesetze stellen klar, dass Tauben während der Brut nicht gestört werden dürfen. Daher ist es verboten, Eier, Nester oder Küken wegzunehmen. Bei Stadttauben ist es jedoch erlaubt, die Fortpflanzung kontrolliert zu regulieren. So dürfen Eier, die nicht länger als vier Tage bebrütet sind, gegen Attrappen-Eier ausgetauscht werden. Besser ist es allerdings, gleich zu Anfang den Nestbau zu verhindern, indem die Holzstöcken konsequent entfernt werden, oder noch besser: durch ein Netz verhindern, dass die Tauben überhaupt auf den Balkon gelangen können.


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