Das Dirndl – eine Tracht mit wenig Tradition?
Dirndl und Lederhosen – fast alle Welt kennt diese Bayrische und Alpenländische Tracht. Durch das Oktoberfest, das jedes Jahr mehrere Millionen in München besuchen, wurde die Tracht weltbekannt. Heute kaufen sich viele, die nur für das Oktoberfest nach München reisen, ein Dirndl oder eine Lederhose, um sich passend zu Land und Leuten zu kleiden. Mit dem Dirndl kann man mit nur wenig Aufwand auf dem Oktoberfest dazugehören.
Beschäftigt man sich mit der Geschichte des Dirndls, stellt man verwundert fest, dass das Dirndl gar keine althergebrachte Tracht ist, sondern erst um 1900 herum entstand. Und publik wurde es – oh Schreck! – durch zwei Preußen, den Brüdern Wallach aus Bielefeld.
Erfindung im München um die Jahrhundertwende
Das Dirndl nimmt in seiner heutigen Form verschiedene Entwicklungen und Vorläufer auf. Anders als gemeinhin kolportiert ist das Dirndl kein Kleid der Landbevölkerung, sondern entstand aus einer Mode des städtischen Bürgertums.
Frauen aus der bürgerlichen Oberschicht entdeckten das Dirndl als angeblichen Ausdruck eines ländlichen Lebensstils für sich und pflegten es in der Sommerfrische – dem Ausflug ins Grüne, wenn die Stadt im Sommer zu heiß wurde – zu tragen. Typische Kleider, die als Vorläufer des heutigen Dirndl gedient haben könnten, unterscheiden sich deutlich von der heutigen Vorstellung eines Dirndls.
Die Kleidung der Frauen auf dem Lande in Süddeutschland und der deutschsprachigen Alpenregion war nicht ansatzweise so enganliegend um die Taille herum als ein heutiges Dirndl, ließ das Dekolleté nicht frei und auch die Arme waren bedeckt. Ähnlichkeiten bestehen tatsächlich in der farbigen Schürze und dem relativ hoch angelegten Rock.
Erst die Übernahme des Stils durch das gehobene Stadtbürgertum um die Jahrhundertwende sorgte dafür, dass der Rock weiter geschnitten wurde, das Oberteil enger um die Taille schloss und das Dekolleté öfter zur Schau gestellt wurde. Den Durchbruch erlebte die Tracht erst, als die Betreiber des Münchners Volkskunsthaus, die Brüder Wallach aus dem westfälischem Bielefeld, einen Trachtenzug mit Dirndln ausstatteten.
Durch eine historistische Rückbesinnung auf angeblich traditionelle, unverbrauchte und ursprüngliche ländliche Lebensbereiche des städtischen Bürgertums, wurde die „Tracht“ erfunden.
Die überzeugte Nationalsozialistin, Geschäftsführerin des Tiroler Volkskunstmuseums und Autorin Gertraud Pesendörfer arbeitete während des Nationalsozialismus und darüber hinaus daran, das Dirndl in seine angebliche, ursprüngliche Form zurück zu versetzen. Rein ideologisch motiviert, versuchte sie das Dirndl wieder in eine Urform zu verändern. Unter ihrem Einfluss entwickelte sich das Dirndl in seine heutige Form. Der Ausschnitt wurde tiefer, Krägen abgenommen und die Arme freigelassen.
Die Brüder Wallach mussten Deutschland derweil verlassen. Als Juden in Deutschland enteignet und verfolgt, emigrierten die Kaufleute 1937 in die USA.
Das Dirndl heute
Über die folgenden Jahrzehnte veränderte sich das Dirndl nur noch unwesentlich. Je nach Mode wurden die Röcke kürzer oder länger und die Bluse unter dem Dirndl veränderte sich in Schnitt, Ausschnitt und Ärmellänge.
Zwischenzeitlich wurde das Kleidungsstück eher selten getragen, erlebt seit den 2000er Jahren wieder eine große Popularität. Nicht nur die Einheimischen tragen Dirndl, auch Gäste und Touristen in Bayern tragen das schicke und zeitlos elegante Kleidungsstück. Die Dirndl gibt in den unterschiedlichen Schnitten und Preisen.
Seit einiger Zeit kommt auch der Trendsport Dirndlfliegen in Mode, bei dem die Teilnehmer (es dürfen Frauen und Männer teilnehmen) mit einem Dirndl vom Sprungbrett ins Wasser springen die Eleganz der Sprünge benotet wird.